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BeWERTen in den Lehre

Mittwoch, 25.04.2018, #lehren

Objektives Faktenwissen versus subjektive Werthaltungen

Als Lehrende an einer Universität streben wir danach, reproduzierbare Erkenntnisse und damit möglichst objektives Faktenwissen in unserer Forschungsarbeit zu generieren und dieses in der akademischen Lehre an unsere Studierenden weiterzugeben. Das entspricht unserem Selbstbild – und wenn wir das Gefühl haben, diesem Anspruch zu genügen, befinden uns in der Komfortzone. Wesentlich unwohler fühlen wir uns, sobald es um Wertfragen geht. Da fühlen wir uns nicht wirklich zuständig. Dennoch ist es in vielen Bereichen völlig unmöglich, Wertfragen völlig auszuklammern. In meinem Fachbereich geht es um Forschung und Lehre für eine nachhaltige Entwicklung. Das Konzept der nachhaltigen Entwicklung selbst ist höchst normativ und damit wertbeladen. Die Frage der gerechten Ressourcenverteilung, der Wahrung der Möglichkeiten zukünftiger Generationen ihre Bedürfnisse zu befriedigen, lässt sich nicht ohne die Diskussion von Wertfragen behandeln – weder in der Forschung noch in der Lehre. Hier ist es offensichtlich, doch auch in anderen Disziplinen, etwa bei der mikro- oder makroökonomischer Optimierung, bei der PädagogInnenbildung, letztlich bei der Auswahl, Abgrenzung und Gewichtung von Lehrinhalten jeglicher Fachrichtung fließen bewusst oder unbewusst Werthaltungen mit ein. Wie also damit umgehen?

Perspektivenwechsel durch Inter- und Transdiziplinarität
Die umfassende Analyse komplexer, lebensweltlicher Phänomene ist nur sehr bedingt monodisziplinär machbar. Vielmehr ist es erforderlich, Kompetenzen aus verschiedenen Fachrichtungen so miteinander in Verbindung zu bringen, dass die Aussage- und Interpretationskraft des auf diese Weise generierten fachübergreifenden Wissens steigt. Durch den Austausch verschiedener Wahrnehmungen und Sichtweisen aus den Fachrichtungen ist es möglich, das Problembewusstsein und -verständnis aufeinander abzustimmen und ständig zu adaptieren. Das ist also ein starkes Plädoyer für interdisziplinäre Lehre. Ich möchte aber noch einen Schritt weitergehen.  Mir geht es auch um die Integration von akademischem Fachwissen mit dem Wissen, den Erfahrungen und den Werthaltungen von PraktikerInnen, als der transdisziplinären Lehre. Wenn es uns in der Lehre gelingt, die Erwartungen und individuellen Sichtweisen von WissenschafterInnen und PraktikerInnen in einem Prozess der gemeinsamen Wissensproduktion zu integrieren, werden die Ergebnisse auch in einem höheren Maß „sozial robust“ sein. Das aber setzt voraus, das wir bereit sind, voneinander zu lernen und nicht akademisches Fachwissen als höherwertig einzustufen als praktisches Erfahrungswissen und Werthaltungen aller Beteiligten. Das müssen wir unseren Studierenden in inter- und transdiziplinär ausgerichteten Lehrveranstaltungen vermitteln.

Reflexion
Durch die Integration verschiedener Wissensarten und Perspektiven wird deutlich, dass wir als WissenschafterInnen und Hochschullehrende nicht in der Lage sind, stets eindeutige und richtige Antworten zu geben. Diese Einsicht ist ein wichtiger Akt der Selbsterkenntnis. Es ist ein Irrglaube, davon auszugehen, dass es nur einen einzigen Weg, eine einzige richtige Lösung für komplexe Probleme der Menschheit gibt. Lehren an der Universität erfordert daher, ständig zu reflektieren, was wir tun und fordern. Welche Kompetenzen versuchen wir bei unseren Studierenden aufzubauen? Geht es dabei nur um das Vermehren von Faktenwissen oder auch um die Entwicklung von Werthaltungen? Was ist deren Relevanz für die gesellschaftlichen Bedürfnisse und Präferenzen – und letztlich, wie beWERTen wir die Leistungen unserer Studierenden? 

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