Bestimmt kennen Sie dieses Gefühl: diese zwei Tage – 10 Stunden oder 2 Minuten vor einem wichtigen Auftritt. Die Hände schwitzen, das Herz schlägt bis in den Hals und der Kopf ist wie leergefegt, alles vorbereitete Wissen scheinbar nicht mehr greifbar. Meistens löst sich diese Anspannung spätestens in den ersten Minuten nach Beginn, aber was, wenn nicht? Lesen Sie hier, mit welchen Maßnahmen Sie gegensteuern können!
Woher kommt die Nervosität?
Eines vorweg: Nervosität ist etwas Gutes! Es hat unsere Vorfahren davor bewahrt, als Mittagessen eines wilden Tieres zu enden oder aus der Sippe ausgestoßen zu werden. Ihr dabei produziertes Adrenalin sorgt außerdem dafür, dass Sie vollkommen auf die Situation fokussiert sind, auch das ist ein sehr positiver Effekt.
Aber mal ehrlich – eigentlich haben wir besseres zu tun, als uns von diesen Urzeit-Mustern Lebenszeit vermiesen zu lassen! Nehmen Sie der Nervosität den Wind aus den Segeln indem Sie sich bereits zu Hause mit Ihrer inneren Ruhe auseinandersetzen. Egal um welche zukünftige Situation es sich handelt – eine gute Vorbereitung nimmt bereits ein großes Stück der Aufregung. Und das hilft Ihnen dabei, die innere Souveränität zu verinnerlichen:
Im 4:8 Rhythmus atmen
Trainieren Sie regelmäßig eine Atemroutine, bei der die Ausatmung länger andauert als das Einatmen. Einatmung: zähle bis 4 – Ausatmung: zähle bis 8. Das fördert das Loslassen der Anspannung. Am geeignetsten ist die Übung am Morgen gleich nach dem Aufwachen, aber zu jeder Tageszeit hat sie eine positive Wirkung auf kommende Ereignisse.
An die eigene Souveränität erinnern
Rufen Sie sich eine Situation in Erinnerung, in der Sie absolut souverän gehandelt haben und aus der Sie ganz klar als Gewinner*in hervorgingen. Aktivieren Sie auch die starken Emotionen, die Sie damals gefühlt haben.
Nun stellen Sie sich die in der Zukunft liegende Situation vor. Malen Sie sich deren Ablauf aus, während Sie sich die positiven Emotionen der vorherigen Szene immer wieder in Erinnerung rufen. Damit verknüpfen Sie diese stärkende Gefühlserfahrung mit dem zukünftigen Ereignis und gehen bereits mit positiven Gefühlen in das Setting.
Da häufig positive Emotionen noch schneller durch Melodien als mit Gedanken oder Bildern ausgelöst werden, können Sie sich auch ein Lied suchen, das Sie mit diesem positiven Gefühl verknüpfen. Wenn die Nervosität aufkeimen will, summen Sie leise die Melodie und Ihre positive Energie wird Sie wieder strahlen lassen. Wussten Sie, dass die Kombination Singen und Angst unmöglich ist?
Power Poses
„Fake it till you make it“ lautet die Devise, die mittlerweile millionenfach von Amy Cuddy kopiert wurde. Die Wissenschaftlerin hat herausgefunden, dass nicht nur unsere Gefühle auf unsere Körpersprache wirken, sondern dass auch eine bewusst eingesetzte Körperhaltung auf unsere Gefühle Auswirkung hat. Sie empfiehlt daher, kurz vor dem wichtigen Auftritt / Gespräch in einem ungesehenen Augenblick für 2-5 Minuten eine Pose einzunehmen, die Power suggeriert – Wonder Woman oder Super Man sind hierfür wunderbare Vorbilder.
Mit Präsenz überzeugen
Machen Sie sich mit dem Ort des Geschehens vertraut und planen Sie ein paar Minuten mehr Zeit ein, um sich zu akklimatisieren. Gehen Sie bewusst im Raum umher, nehmen Sie die Umgebung wahr und suchen Sie sich einen markanten Ankerpunkt, der für Sie während des Events Ihren Ruhepol darstellt. Merken Sie, dass Sie nervös werden, ein Blackout naht? Dann schauen Sie zu diesem Punkt, atmen Sie ein und ganz bewusst aus, und Ihre Konzentration kehrt zurück.
Es ist außerdem weit weniger angsteinflößend, wenn man den Löwen schon gestreichelt hat, bevor man mit ihm redet. Soll heißen: Machen Sie sich mit Ihrem Publikum oder Ihren Gesprächspartner*innen in Form von Small Talk vertraut, das nimmt ihnen ebenfalls den Touch des gefährlichen Unbekannten.
Plaudern statt Vortragen
Egal in welcher Situation: Die Anspannung nimmt ab, wenn man sich sicher fühlt. In der Umgebung von Freund*innen wird Nervosität eine untergeordnete Rolle spielen. Da Menschen – egal ob Freund*innen oder Fremde – emotionsfördernde Geschichten lieben, sollten Sie also Ihren Plauderton mit einbauen. Lassen Sie Ihr Gegenüber teilhaben an Ihrer zum Thema passenden persönlichen Geschichte, das schafft Vertrauen.
Backup: Notizen
Sie werden es nicht brauchen und doch gibt es ein sicheres Gefühl, wenn man auf Notizen zurückgreifen kann. Beim Bewerbungsgespräch bringen Sie beispielsweise Ihre Unterlagen mit. Bei einem Hänger ein Blick darauf und Sie sind wieder auf Kurs. Denselben Effekt hat ein Stichwortzettel im Rahmen eines Vortrages. Ihre Bildschirmpräsentation sollte so aufgebaut sein, dass auch sie die richtigen Anhaltspunkte und Schlagwörter / Bilder beinhaltet, die Sie wieder zurück auf Kurs bringen kann.
Was wäre das Schlimmste, das passieren kann?
Auch diese Frage lässt Sie entspannen. Sie sind während des Job-Interviews extrem nervös? Ihr Gegenüber kann hierin eventuell sich selbst erkennen und findet das sympathisch! Außerdem zeugt es davon, dass Ihnen das Gespräch wichtig ist. Lassen Sie diese negativ-Szenarien auf jeden Fall zu und überlegen Sie, was Ihnen WIRKLICH passieren kann.
Autorin: Angela Messner-Lipp
Beraterin und Trainerin im Career Center der Uni Graz
Das könnte Sie auch interessieren: