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Weniger Arbeit...

Freitag, 24.07.2020, #job

mehr Leistung?

Nachhaltig mehr Wohlbefinden, wo startet man hier besser als bei der berühmten Work-Life-Balance? Wir haben die Trends unter die Lupe genommen!

 

In Japan wurde erst kürzlich das Überstunden-Pensum auf „nur“ 100 Stunden pro Monat gesenkt – ein Szenario, das bei uns zum Glück kaum nachvollziehbar ist. Dass es einen Trend in Richtung Work-Life-Balance gibt, war bereits vor Corona zu erkennen, beispielsweise mit Experimenten zur 30 Stunden Woche. Aber mehr Freizeit bei vollem Gehalt ist nach wie vor – von wirtschaftlicher Seite – ein umstrittenes Thema.

Dabei wurde bei einem im Jahr 2016 durchgeführten Experiment in Australien belegt, dass Arbeit das Gehirn nur bei etwa 25 Arbeitsstunden pro Woche fit hält. Steigt die Arbeitszeit auf mehr als 40 Stunden pro Woche, sind die kognitiven Fähigkeiten schlechter als bei jemandem, der keiner Arbeit nachgeht: Sowohl die Aufmerksamkeit als auch der Einfallsreichtum lassen merklich nach.

Eine weitere Studie, welche 2017 von der Universität Australien zum Thema Einkommen und Arbeitsdynamik durchgeführt wurde, zeigt außerdem auf, dass es auch Geschlechterunterschiede hinsichtlich des Zeitpunkts gibt, an dem sich die Arbeitszeit auf die Gesundheit auswirkt. Da vorwiegend Frauen außerhalb der Arbeitszeit noch zusätzliche Verantwortungen zu tragen haben, wie die Kinderbetreuung und den Haushalt, legt ihnen die Studie eine maximale Arbeitszeit von 38 Wochenstunden nahe. Bei den Männern sieht es anders aus: 43,4 Stunden pro Woche – zumindest so lange, bis sich diese mehr in Haushalt und Kindererziehung einbringen. Dass sich das Väter durchaus wünschen, zeigt ein Bericht der Arbeiterkammer Oberösterreich. Und außerdem spannend: Arbeitnehmer*innen wollen bis zu einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden aufstocken, wer bereits mehr als das arbeitet, will im Schnitt reduzieren und zwar um rund drei Stunden. Dass die Einkommensschere mit diesem Konzept ein Stück weiter geschlossen werden kann, ist auch augenscheinlich. Denn bei einer Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche können Betreuungsaufgaben in der Familie flexibler gestaltet werden.

Apropos flexibel: In Österreich gibt es Vorzeigeunternehmen, die mit ihren innovativen Arbeitszeitmodellen für Aufsehen sorgen. Eines dieser Unternehmen in Österreich ist das Unternehmen Bike Citizens, deren 30 Mitarbeiter*innen an einer Fahrrad-App arbeiten. Seit 2014 gilt hier: Nur vier Tage in der Woche wird gearbeitet, der Freitag bleibt für alle frei. Eine ähnliche Idee verfolgt E-Magnetix, ein Online-Marketing-Unternehmen in Oberösterreich, das sogar einen Schritt weiterdenkt: Hier gibt es dank der 30-Stunden-Woche jeden Tag zweieinhalb Stunden mehr Freizeit – und das bei vollem Gehalt! Denn würde das Gehalt aliquot gesenkt werden, wären es für die Mitarbeiter*innen eventuell notwendig, einem zweiten Job nachzugehen – und damit der Erholungsfaktor zunichte gemacht, so der Geschäftsführer Klaus Hochreiter gegenüber der online Plattform buchreport. Das Ergebnis: Die Umsätze sind bei gleichbleibenden Preisen um 100 Prozent gestiegen und 83 Prozent der Mitarbeiter*innen geben an, sich gesünder zu fühlen und eine geringere Arbeitsbelastung wahrzunehmen.

Auch die neuseeländische Fondsgesellschaft Perpetual Guardian lässt mit einer Arbeitszeiten-Umstellung aufhorchen: Die Arbeit kann an vier Tagen erledigt werden bei vollem Gehalt – allerdings müssen die Mitarbeiter*innen sicherstellen, dass die wöchentlichen Arbeitsziele erreicht werden. Welcher Tag frei genommen wird oder ob die Arbeit lieber an 5 Tagen erledigt wird, können die Mitarbeiter*innen für sich selbst entscheiden, so Geschäftsführer Andrew Barnes in einem vom Unternehmen veröffentlichten Video. Von der Belegschaft wurde der Testlauf sehr positiv aufgenommen und mit Steigerung der Produktivität und Zufriedenheit als erfolgsbringendes Konzept ausgewiesen. 

Die Kehrseite der Medaille: Durch die Straffung der Rahmenbedingungen könnte mehr Stress aufkommen und die sozialen Kontakte am Arbeitsort werden aufgrund der effizienten Einteilung des Arbeitspensums verringert – darauf wurde im Zuge des Experiments der 30 -Stunden-Woche bei Microsoft Japan hingewiesen. Die Journalistin Felicitas Wilke streicht in ihrem Artikel in der Süddeutschen Zeitung hervor, dass „still und konzentriert zu arbeiten, möglichst ohne Ablenkung, zwangsläufig Teil des Konzepts ist“ und so manches verloren ginge „was die Arbeit zu mehr macht als zum bloßen Broterwerb.“

Fakt ist: Das Modell der reduzierten Arbeitszeit funktioniert in manchen Branchen besser als in anderen. So musste in Schweden ein Versuch in einem Altenpflegeheim abgebrochen werden, weil durch die reduzierte Arbeitszeit die Personalkosten exponentiell stiegen, da mehr Angestellte eingestellt werden mussten. Für alle Bereiche, in denen Abläufe optimiert werden können und es auf gute Ideen ankommt, ist die 30-Stunden-Woche der ideale erste Schritt, um für die eigene Gesundheit und Zufriedenheit nachhaltig Gutes zu tun.

 

Quellen:

https://www.emagnetix.at/presse/
https://4dayweek.com

https://www.bikecitizens.net/de/presse/
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S027795361730031X
https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/detailseite/2017/news-im-februar-2017/40-stunden-arbeitswoche-als-gesunde-basis/
https://www.youtube.com/watch?v=_rA4TFMHamw
https://www.buchreport.de/news/hr-ich-bin-nicht-auf-der-welt-um-nur-zu-arbeiten/

 

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